Bergwerk Niederberg / Tagesbetrieb
  Aufbereitung
 

Die Aufbereitung


Fotomontage


Auch die Aufbereitung mußte sich ständig der steigenden Förderung Anpassen. Durch die Stilllegung der Wäsche 1 mußte nun die gesamte Förderung in der Wäsche 2 aufbereitet werden. Die Folge war, daß in der Wäsche 2 ständig Umbauarbeiten durchgeführt wurden um die Qualität und Leistungsfähigkeit zu erhöhen.
Warum muß die Kohle gewaschen (Aufbereitet) werden?
Die Rohkohle, wie sie aus der Grube kommt enthält sehr viele Fremdkörper, die aussortiert werden müssen.
Hier der Ablauf in Kurzform:
Nach dem die Wagen mit der Rohkohle im Kreiselkipper der Schachtbeschickung gekippt worden sind, wird die Rohkohle über ein Förderband der BVA 
d. h. Bergevorabscheidung zugeführt. Auf dem Weg dorthin unterfährt sie einen Magneten, dieser zieht alle Eisenteile die sich in der Kohle befinden an und wirft sie in eine Schrottbox. In der BVA angekommen, läuft die Rohkohle über ein Leseband an dem alle Fremdkörper wie Holz, Kunststoff usw. aussortiert werden. Danach findet durch ein spezielles Verfahren die Grobe Trennung von Kohle und Berge (Steine) statt. Die Berge werden ausgesondert und per LKW abgefahren. Die Kohle wird nun über eine lange Bandstraße zur Wäsche tranzportiert. Hier wird dann die Feinsortierung vorgenommen bis die Kohle frei von fremdstoffen ist.Jetzt beginnt das Sortieren der verschiedenen Produkte erst nach Kohlensorte z.B. Magerkohle, Fettkohle oder Esskohle. Schließlich werden über Siebanlagen die verschiedenen Körnungen aussortiert z.B. Grobkorn, Mittelkorn oder Feinkorn dazu kommen noch die Nußkohlen von Nuß1 bis Nuß 5 sowie Einblaskohlen. Zuletzt wird die Kohle in die der Sorte entsprechenden Bunker tranzportiert von denen aus die Güterzüge für den Abtranzport zum Kunden beladen werden. Die Qualität der Produkte wird ständig durch das Werkslabor kontrolliert. Die Aufbereitung des Bergwerks Niederberg war Auditiert nach ISO 9000 und konnte alle Kundenwünsche zur zufriedenheit erfüllen.


Die Bergevorabscheidung (BVA) auf dem Gelände von Schacht:5


Abriss der Bergevorabscheidung


Montage der Bandbrücke 1967     Bild 1


Montage der Bandbrücke 1967     Bild 2

 
Die Bandbrücke
Hier wird die Rohwaschkohle von der BVA in die Wäsche 2 befördert



Hier nocheinmal in voller Länge


Demontage der Bandbrücke


Die Bandbrücke liegt auf der Niederrheinallee


Inbetriebnahme des Rohwaschkohlenbunkers 1977


Missglückte Sprengung des Rohwaschkohlenbunkers


Bau des Bergebunkers 1975 / 76


Bergebunker 2003 vor dem Abriss


Abriss des Bergebunkers     Bild 1


Der letzte Rest vom Bergebunker

.
So sah die Wäsche 2 1963 aus


Hier die gleiche Seitenansicht der Wäsche 2 im Jahr 2000
Die Außenwände mußten wegen Lärmbelästigung verkleidet werden.



Im Bahnhof unter der Wäsche werden die Eisenbahnwagen mit Kohle beladen


Die Wäsche 2 von der BVA aus gesehen.



Rechts die Kranbahn für den Schwerlasttranzport in die Aufbereitung und links freistehend der Turm des Leitstandes für die Aufbereitung, freistehend desshalb damit die Schwingungen des Aufbereitungsgebäudes nicht die darin befindliche Elektronik beeinflussen können.


Das Herzstück der Aufbereitung  "Der Leitstand"

Hier einige Fotos vom Innenleben der Aufbereitung



Drewboy


Setzmaschine


Vorklassierung


Rundfilter


Gurtförderband


Gleise zum Verladebahnhof
Da in der Aufbereitung mehrere Kohleprodukte aufbereitet worden sind, gab es auch mehrere Verladestellen

Insiderbericht aus der Aufbereitung Wäsche 1
zur Verfügung gestellt von Werner Hartmann

 Die Wäsche 1 war bis 1953 die einzige Aufbereitungsanlage der Zeche. Sie konnte ca. 6000 t verwertbare Förderung pro Tag verarbeiten.
Sie lag östlich von Schacht 1 und wurde bis zur Stilllegung 1977 ausschließlich von dort mit Fördergut beschickt.
Zwei 1,4 m breite Förderbänder brachten die von der Bergevorabscheidung vorbereitete Förderkohle zur Vorklassierung. In der Bergevorabscheidung wurden schon die dicksten Bergebrocken ausgesondert. Das 2. Förderband mit etwa 50m Länge und ca. 1MW- Antrieb lief durch eine Bandbrücke, die ein äußerlich auffallendes Merkmal der Aufbereitung war.
Sie endete im westlichen Turm des Gebäudes auf der 34m-Bühne.



Die Übergabe des Bandes 2, intern als Hauptaufgabeband bezeichnet, wurde ständig von einer Person überwacht. Dort konnte eine Umstellklappe bei Störungen des Betriebsablaufs vom Einlauf in die Vorklassiersiebe auf ein anderes Förderband umgestellt werden, das die Rohkohle über ein Reversierband in den vorgeschalteten Rohkohlenbunker füllte. Mit dem Reversierband konnte die Bandkonstruktion über dem Bunker hin und her fahren, um ihn auf ganzer Länge zu füllen. Die 600 t Speichervolumen des Bunkers reichten allerdings bei normal laufender Förderung nur für maximal 1-2 Stunden. Wenn die Wäsche 2 ebenfalls gestört war, war der Bunker schon in einer halben Stunde voll, und die gesamte Förderung musste eingestellt werden. Dieser Umstand war auch der Grund für den Bau des 20 000 -Tonnen- Rohkohlenbunkers nördlich der Niederrheinallee 1977.

Der 600-Tonnenbunker war leicht an der westlichen Außenfassade als riesiger Betonkubus zu erkennen. Die drei Vorklassiersiebe hatten jeweils zwei Siebebenen, mit denen in Grobkorn- Mittelkorn und Feinkorn klassiert wurde. Der Betrieb dieser Siebe wurde im Laufe der Jahre immer kostenintensiver. Nicht nur wegen der Reparaturen, sondern vor allem wegen des schlechten Klassierergebnisses, denn das Trennen zwischen Mittelkorn und Feinkorn auf den unteren Siebebenen gelang immer schlechter. Wegen der Verstopfung der Sieblöcher lief immer mehr Feinkohle mit in die Mittelkornwäsche und verursachte dort Probleme. Um dem entgegenzuwirken, musste auf jeder Nachtschicht mit einer Blaslanze Loch für Loch frei geblasen werden. Der Erfolg war immer nur kurzfristig, und nach ein paar Betriebsstunden musste manchmal sogar zwischengereinigt werden. Die Ursache dieses Missstands war die im Laufe der Zeit immer erfolgreichere Staubbekämpfung untertage. Das Fördergut wurde immer feuchter und wegen der Mechanisierung des Grubenbetriebes auch immer Feinkörniger. Beides begünstigte das Verkleben des Feinkorns.

Die Wäsche 1 besaß 4 Setzmaschinen zur Abscheidung der Berge und des Mittelgutes. Unter Bergen versteht man die unbrennbaren Bestandteile der Rohkohle. Mittelgut ist Kohle mit eingelagerten unbrennbaren Mineralien. Die Arbeitsfläche der Setzmaschinen befand sich auf der 21m- Bühne zusammen mit dem zentralen Steuerstand. Dort steuerte und überwachte der Setzmaschinist mit Einzelschaltern die Klassierung, die Förderbänder und die Setzmaschinen. Die Steuerungstechnik stammte aus den 50er Jahren und war mit dem fortschrittlicheren Fahrstand der Wäsche 2 nicht zu vergleichen. Bunkerfüllstände wurden teils mit Isotopengeräten, teils durch Beobachtung von einem Mitarbeiter auf der 18- und 16m- Bühne überwacht und an den Setzmaschinisten oder an die Verwieger durchgegeben.

Die gleichen Probleme wie in der Vorklassierung traten auch bei der Staubabscheidung in den 5 Windsichtern auf, die ebenfalls jeweils nachts von einer bis zu 20cm dicken Staub-Schlammschicht befreit werden mussten. Die Sichter arbeiteten nach dem gleichen Prinzip, wie beutellose Staubsauger, nur dass darin nicht Luft von Staub, sondern der feinere Staub vom gröberen Feinkorn getrennt wurde.

Das Förderband zwischen der Umstellklappe des Hauptaufgabebandes und dem Reversierband spielte bei einem schrecklichen Unfall 1972 eine entscheidende Rolle:

Zwei Schlosser der Nachtschicht, die ihre Arbeit erledigt hatten, und bis zum Ende der Schicht noch Zeit hatten, hatten sich ausgerechnet dieses Gurtband als Ruhestätte ausgesucht. Das Gurtband war mit Förderkohle beladen. Möglicherweise hatten beide das Ende der Schicht verschlafen. Fest steht nur, dass beim Anlauf des Bandes, der in Förderrichtung gesehen, erste Schlosser in den Übergabetrichter geworfen wurde. Kopf und Oberkörper fielen durch die Öffnung und verklemmten sich dann mit dem Fördergut. Der zweite Schlosser fiel ebenfalls in den Trichter und wurde vom nachfolgenden Fördergut erstickt. Der erste Schlosser konnte leicht verletzt geborgen werden.

Eine Folge dieses Unfalls war, dass auch auf den Reparaturschichten jeweils ein Maschinensteiger anwesend sein musste. Im Schnitt gehörten 3 Maschinensteiger als Aufsicht zur Belegschaft, 4 Vorarbeiter, ca. 40 eigene Arbeiter, 12 eigene Schlosser, 1 Meister und 4 Schlosser von der Firma Indumont, dazu kamen noch etwa 10 Hilfskräfte von der Firma Maas. Auf der 5m- Bühne gab es auf den Förderschichten jeweils einen Mann, der zum Personal der Brikettfabrik gehörte. Seine Aufgabe war die Überwachung der Schlammspitzen, aus denen eingedickter Kohlenschlamm für die Beschickung der Brikettfabrik abgezogen wurde. Dieser Schlamm wurde als Rohmaterial für die Brikettherstellung zu den Umlauftrocknern in die Brikettfabrik gefördert.

In den Umlauftrocknern wurde der Wasseranteil aus dem Schlamm verdampft. Sie wurden mit Staubkohle befeuert. Von unserer 31m–Bühne im Westturm konnte man die Glut durch die Kontrollöffnungen in den ringförmigen Heizkammern leuchten sehen. Wenn sie hellrot leuchteten, war alles in Ordnung. Gefährlich wurde es nur, wenn die Flammen immer dunkler wurden. Man sollte dann nicht unbedingt mit der Nase in die Nähe einer solchen Öffnung kommen, denn aus Erfahrung wusste man, dass evt. eine Verpuffungsflamme herausschießen könnte.

1975 wurde mir vom Mann am Hauptaufgabeband ein Brand gemeldet.

In der direkt benachbarten Brikettfabrik brannte das gesamte Umfeld des Umlauftrockners. Weil es keine Trennwand zwischen beiden Betrieben gab, drohte der Brand auf die Wäsche überzuspringen. Nach dem ich die Feuerwehr und die Brikettfabrik informiert hatte, versuchten wir mit unsern eigenen Feuerlöschern den Brand zu löschen. Der Erfolg war sehr bescheiden. Vor allem weil von fünf Feuerlöschern nur einer funktionsfähig war.

Das führte dann zu der Anordnung, dass von der Werksfeuerwehr alle Feuerlöscher des Tagesbetriebes regelmäßig zu überprüfen sind.

Die 4 Setzmaschinen für Grob-Mittel- und Feinkorn und Nachwaschgut gehörten zur ältesten maschinellen Ausstattung der Aufbereitung. Sie standen in einer langen Reihe auf der 21m-Bühne und nahmen damit fast die ganze Gebäudelänge ein. Die Sortiertechnik, also die Trennung zwischen Kohle und Bergen, bzw. Mittelgut erfolgte in altbewährter Weise auf einem Bett aus Schwerspatkies, einem Mineral, dass ein noch höheres spezifisches Gewicht als unser Bergematerial hatte. Das Arbeitsprinzip von Setzmaschinen ist dem Goldwaschen vergleichbar: Ein ständiges Auf- und Abpulsieren des Waschwassers, sorgt während der Vorwärtsströmung für eine Absonderung der Kohle, die sich als leichteres Material auf dem Mittelgut, und das wiederum auf dem Bergematerial legte. Sogenannte Schwimmer tasteten die Förderstromhöhe der Bergeschicht ab und regelten damit über eine Hydrauliksteuerung die Stellung der Trennklappe zwischen Berge, Kohle oder Mittelgut. Die nach unten sinkenden Berge und Mittelgut wurden mit insgesamt 8 Becherwerken wieder angehoben und zur weiteren Aufbereitung, bzw. in den Bergebunker gefördert. Die Setzmaschinen hatten

einen enormen Energiehunger. Abgesehen von den 800kW- Waschwasserpumpen und den 8

Becherwerksantrieben erzeugte ein 1MW- Rootsgebläse die Druckluft für die pulsierende Wassersäule im Waschbett. Die Setzmaschinen liefen in der Regel relativ störungsfrei, allerdings war die Trennschärfe, also die Abscheidung der unbrennbaren Anteile aus der Kohle nicht so exakt, wie in der Konkurrenzaufbereitung Wäsche 2.

Wenn der Setzmaschinist bei Förderbeginn die Aufbereitungsanlage anlaufen lies, rief er zunächst den Mitarbeiter im Rundeindicker- Pumpenhaus an, um die Waschwasserpumpe anzuschalten. Das ging nicht einfach durch Knopfdruck, sondern es mussten mit einem Handrad nach und nach die Schleifringe des Elektromotors kurzgeschlossen werden, bis die volle Pumpenleistung erreicht war. Dann kamen die beiden Daumen des Setzmaschinisten zum Einsatz. Er schaltete ausgehend von den Bändern zu den Nusskohlenbunkern über die Becherwerke, dem Rootsgebläse und alle Bänder und Siebe bis zur Vorklassierung ein.

Wenn der Mann am Hauptaufgabeband die Vorklassiersiebe anlaufen hörte, schaltete er die zwei Rohkohlenbänder ein, oder wenn sie wegen schon angelaufener Förderung schon liefen, legte er die Umstellklappe von Bunkerfüllung auf die Siebe um. Wenn die erste Rohkohle in die Setzmaschinen einlief, wurden zuletzt die Exzenterantriebe der großen Luftventile eingeschaltet, mit denen das Auf- und Abpulsieren des Waschwassers gesteuert wurde.

Der Grund dafür war, dass keinesfalls das Schwerspatbett leergewaschen werden durfte, denn dann wanderte der Schwerspatkies in die Becherwerke. Es war sinnvollerweise nicht möglich, irgendein Element in der langen Maschinenreihe auszuschalten, ohne dass alle anderen vorgeschalteten Maschinen mit ausfielen. Ebenso war es nicht möglich, bei stillstehender Aufbereitung, etwa ein Förderband einzuschalten, ohne vorher alle nachgeschalteten Maschinen mit einzuschalten. Dafür sorgte die elektrische Verriegelung. Es sei denn, man hatte einen Entriegelungsschlüssel für Kontroll- oder Reparaturarbeiten.

Je ein Laborant auf den Förderschichten kümmerte sich im eigenen Labor auf der 21- Meterbühne um die Qualitätskontrolle. Die Feinkorn- Staub- und Schlammaufbereitung der Wäsche war gegenüber der Nusskohlenherstellung sehr aufwändig. Das Waschwasser der Setzmaschinen sorgte nicht nur für den Transport, sondern auch für die Mitnahme der Schwebstoffe bis zum Rundeindicker der Wäsche 1 nördlich von Gleis 9.

Rundeindicker sind kreisrunde Absetzbecken, in deren Mitte ein Krälwerk mit seinen 2 Flügeln den abgesetzten Schlamm, über den leicht trichterförmigen Boden zur Mitte in den Ablauf schabte. Der Antrieb des Krälwerks sah wegen der starken Untersetzung für einen Maschinentechniker sehr außergewöhnlich aus. Das riesige, ca. 10 Tonnen schwere Getriebe wurde von einem vergleichsweise winzigen Motor angetrieben. Die starke Untersetzung war nötig, weil die Krälwerksflügel für eine Umdrehung etwa 15 Minuten benötigten.

Der eingedickte Schlamm wurde mit Kolbenmembranpumpen wieder zurück auf die 30m- Bühne im östlichen Turm des Gebäudes gepumpt. Von dort gelang er über Aufgabetrichter in die Wannen von 2 großen Trommelfiltern auf der 21m- Bühne. Die Filter waren im Vergleich zu den anderen Maschinen relativ modern. Das Innere der Trommeln wurden mit 1,1MW- Wasserring- Luftpumpen evakuiert. Damit wurde das Wasser durch das Siebgewebe gesaugt und ein sogenannter Filterkuchen auf der langsam rotierenden Trommel erzeugt. Der Filterkuchen wurde an einer Abstreifkante mit Druckluftstößen abgeblasen und in einen Trogkettenförderer geworfen. Das gröbere Feinkohlen-Sinkgut aus den Spitzen der Feinkohlenbecken auf der 5m- Bühne wurde mit 2 Becherwerken zur 30m- Bühne gefördert und zusammen mit der gewaschenen Feinkohle aus der Setzmaschine zu den Feinkohlensieben auf der 18m- Bühne gefördert.


Trommelfilter 21m Bühne

Feinkohle wurde im Gleis 4, Nusskohle in Gleis 7 und 8 verladen. Zur Kornschonung konnten hier Ladeschnecken in die Wagons gesenkt werden, um die Fallhöhe zu verringern. In Gleis 5 wurde Mischfeinkohle oder Filterkohle verladen, aber weil es dort keine Gleiswaage gab, mussten die Waggons in Gleis 4 nachgewogen werden.

Die abgeschiedenen Berge wurden in Gleis 9 abgezogen. Ein mehrmaliges Ärgernis war für mich als Aufsicht, die Versorgung des Steag- Kraftwerks mit minderwertiger und ansonsten unverkäuflicher Kohle über die Bandbrücke zum Eckturm und von da aus, über die Niederrheinallee zum Kraftwerk. In diesen Fällen bekam ich wütende Anrufe vom Leiter des Tagesbetriebes, was wir wieder für eine Sch… zum Kraftwerk schicken würden. Das Fördergut sei so nass, dass unter dem Vorratsbunker im Kraftwerk Wasserpfützen stünden. Das Problem hatte dieselbe Ursache, wie die in der Vorklassierung. Die von den Sichtern gelieferten Mengen aus den Staubbunkern reichten einfach nicht aus, um die von den Filtern kommenden Schlämme zu einer halbwegs trockenen Konsistenz zu mischen. Wenn der Mann am Erko-Mischer bemerkte, dass die Staubbunker leer wurden, versuchte er mit höherem Schlammanteil den Förderstrom zum Kraftwerk aufrecht zu halten, in der Hoffnung die Konsistenz sei noch akzeptabel.

Im Eckturm stand zwischen dem Abwurf von Band 1 und der Aufgaberutsche zum Band über die Niederrheinallee ein Mischer, der mit einem 6m langen Leder- Flachriemen angetrieben wurde. Wenn der Mischer wegen der nassen Kohle blockierte, rutschte der Riemen durch und wurde zerrieben. Die Reparatur in einem vluyner Betrieb war jedes Mal aufwändig und teuer. Nach dem Einbau eines Drehzahlwächters war das Problem behoben.

Im Rahmen der Ausbildung lernte ich fast alle Übertagebetriebe kennen, ich kann mir darum ein Urteil über das Betriebsklima in der Wäsche 1 erlauben. Mit wenigen Ausnahmen war es ausgezeichnet. Ich fühlte mich von den Leuten angenommen, obwohl ich mit anfangs 22 Jahren fast der Jüngste im Betrieb war. Es gab zu Beginn, vor allem bei einigen Setzmaschinisten wegen der größeren Erfahrung ein Überlegenheitsgefühl, was sich aber später in gegenseitiges Vertrauen änderte.

Bei den alten Stempeluhren war es noch möglich, die Stempelkarten von Hand abzuzeichnen. Darum konnte ich bei besonders schwierigen Reparaturen, um bis zum Förderbeginn fertig zu werden, die Schlosser besonders dadurch motivieren, bei Fertigstellung Feierabend zu machen. Das ging natürlich bei den späteren Lochkarten nicht mehr.

Für die Belegschaft der Wäsche 1 gab es keinen direkten Zugang zur Arbeitsstelle. Man kam entweder durch die Verladung von Schacht 1 zum westlichen Treppenhaus der Wäsche, oder man ging durch die Brikettfabrik, und kam dann über den Steg, der über die Brikett- Kühlbänder führte, zur 5m- Bühne der Wäsche.

 


Auf der 34m- Bühne stand zur Luftentstaubung ein Elektrofilter. Diese teure Anlage lief in den 5 Jahren meiner Tätigkeit in der Wäsche maximal eine Woche. Danach fiel sie wegen ständiger Probleme wieder aus. Weil aber die Kohle fast nur mit Wasser aufbereitet wurde, hatte keiner den Elektrofilter vermisst.

Mir sind besonders zwei Betriebsstörungen in Erinnerung geblieben. Im ersten Fall war der Rotor des Rootsgebläses durch Verformung an die Innenwand des Gehäuses gekommen und gebrochen. Die Reparatur wurde von einer Spezialfirma durchgeführt. Damit in den Tagen der Reparatur nicht der Betrieb stillstand, nutzte man die Druckluft der Schachtanlage. Dafür musste zunächst der Druck von 4 bar stark reduziert werden, man drosselte dazu mit dem Schieber, der zum Vorratskessel führte, den Druck auf ca. 0,2 bar. Das führte zu einer so enormen Geräuschentwicklung, dass alle nur mit Gehörschutzkapseln arbeiten konnten.

Im zweiten Fall bekam ich einen Anruf vom Mitarbeiter, der das Hauptaufgabeband beaufsichtigte. „Ich bekomme das Band nicht zum Laufen“ war seine Meldung. Schon bevor ich auf der 34m- Bühne ankam, waberten mir blaue Wolken entgegen und es stank nach verbranntem Gummi. Dann hörte ich, wie der dicke 1- MW Motor immer wieder anlief und gleich auch wieder abschaltete. Schon von weitem rief ich, er soll das Schalten sofort lassen.

Der Reibbelag der Trommel hatte schon die Hälfte des Gurtquerschnitts weggeschliffen. Statt mich frühzeitig zu informieren, hatte der Mann immer wieder versucht, das vom elektronischen Bandwächter wegen Überlastung gestoppte Band zu starten. Der Gurt war zwar stark geschädigt, aber wir riskierten dennoch, ihn bis zum Ersatz am Wochenende weiterlaufen zu lassen. Davor allerdings hatte ich die komplette Wäsche- Belegschaft zusammengetrommelt, um das Band leer zu schaufeln. Der Fahrweg der Bandbrücke lag danach knapp einen Meter hoch voll Rohkohle. Wahrscheinlich hat das Daumendrücken Aller geholfen, denn der Gurt hielt bis zum Wochenende stand.

Ein Vorkommnis ruft in mir heute noch Unverständnis hervor. Es gab bei uns einen Fundus für Getriebe, Kupplungen, Schleißmaterial und Sonstiges. Außerdem hatten wir einen verschlossenen 20 m2 – Raum für spezielle Kugellager, Nylonrundmaterial, Kleingetriebe, Holzfedern Schraubenfedern, Spezialschrauben und ähnliche Betriebsmittel, die wir als wichtige Ersatzteile bevorrateten. Unser neuer Betriebsinspektor, also der höchste leitende Angestellte des Tagesbetriebes, hatte irgendwo gehört, dass Lagerhaltung teuer ist. So kam nach einer Betriebsbegehung die Anordnung, dass unser Lagerbestand drastisch zu reduzieren sei. Um nicht bei einer erneuten Kontrolle unangenehm aufzufallen, mussten wir uns was einfallen lassen.

Ein fast komischer Qualitätsmangel hatte sich während meiner Betriebszugehörigkeit ereignet. Unser Laborant meldete einen geringen Anteil Eierkohle in der Nusskohle. Die Ursache war nicht schwer zu finden. Bei starker Nusskohlennachfrage und geringer Fördemenge von Schacht 1, wurde über spezielle Förderbänder, Haldenkohle der Wäsche zugeführt. Natürlich sind die Sorten auf der Halde nicht immer genau separiert. In diesem Fall hatte der Greifer des Haldenbaggers eine ordentliche Schüppe Eierbriketts erwischt.

Die Inbetriebnahme des 20 000-Tonnenbunkers 1977, und die Aufrüstung von Schacht 5 mit der westlichen Fördermaschine war dann auch der Todeszeitpunkt der Wäsche 1, denn die getrennte Aufbereitung von Esskohle und Anthrazitkohle war nicht mehr erforderlich, und Betriebsstörungen in der Wäsche 2 konnten durch das riesige Speichervermögen des Bunkers für einen ganzen Fördertag überbrückt werden.

 Insider: Werner Hartmann



 


 

 
   
 
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