Bergwerk Niederberg / Tagesbetrieb
  Energiebetrieb
 

Der Energiebetrieb

Der Energiebetrieb bestand aus den Wasserwerken, einer Wasseraufbereitungsanlage, (Permutittanlage) dem Kesselhaus, dem Maschinenhaus und den Heizwerken auf den Nebenschachtanlagen. Die Heizkraftwerke auf den Nebenschächten in Kapellen und Tönisberg versorgten nicht nur die Betriebsgebäude sondern lieferten auch die Fernwärme für die dortigen Bergmannssiedlungen. Sie sind inzwischen in privater Hand. Die Fernwärme in Neukirchen - Vluyn kam vom Kessel bzw. Maschinenhaus auf der Schachtanlage und kommt nun von der Müllverbrennungsanlage Asdonkshof, wobei im Maschinenhaus immer noch zwei kleinere  Kessel unterstützend mitwirken. Das soll sich aber demnächst ändern. Im Kesselhaus wurde früher heißes Wasser und Dampf für den Betrieb erzeugt. Die beiden Fördermaschinen von 
Schacht 1, die von Schacht 2, der Grubenlüfter Schacht 2, die Turbinen im Maschinenhaus und die Brikettpressen alle wurden früher mit Dampf betrieben. Nach dem ca.1986 die letzte Dampffördermaschine ausgedient hatte brauchte man keinen Dampf mehr und bereitete nur noch Warmwasser auf. Während im Maschinenhaus früher Strom und Druckluft erzeugt wurde beschränkte man sich nun nur noch auf die Druckluft und Fernwärme Erzeugung.


Rechts neben dem Kamin befindet sich der Altbau des Kesselhauses
Links neben dem Kamin steht das Maschinenhaus


Erweiterung des Kesselhauses durch einen Neubau


Druckprobe des Kessel 11 im Juni 1952   links der Tagesbetriebsführer Wellershoff


Die mächtigen Kühltürme des Kessel und Maschinenhauses, sie wurden Anfang der 
70 er Jahre nach und nach abgerissen und gegen kleinere moderne Kühler ersetzt.


Rechts im Bild befinden sich die Kühler, sie übernahmen die Aufgabe der großen Kaminkühltürme


Das Kesselhaus


Im Vordergrund die Fördermaschinenhäuser von Schacht 1, dahinter das Kesselhaus.


Von dieser Auffahrrampe aus wurde der Wirbelschichtkessel mittels LKW mit Kohle vom Landabsatz beschickt.


Das Maschinenhaus


Der Maschinist Joseph Hardelauf im Maschinenhaus 1958 an der  Dampfturbine Bild: 1


Der Maschinist Joseph Hadelauf im Maschinenhaus an der Dampfmaschine 1958 Bild: 2


Dampfturbine zur Stromerzeugung im Maschinenhaus 1958 Bild: 1


Dampfturbine Bild:2 im Vordergrund das besagte Gußgeländer


Maschinenhaus 2001   Drucklufterzeugung


Das Maschinenhaus im Januar 2009 von hier aus wird bis dato immer noch das Fernwärmenetz der Ortsteile Neukirchen und Vluyn versorgt.


Das Runde Gebäude ist eines von mehreren Wasserwerken


Im Vordergrund ( unter der Erde ) Wasserwerk 1 u. 2


In diesem Gebäude befindet sich die Trinkwasseraufbereitung
Permutittanlage


Der Hochbehälter   (Wasserturm)


Kohleheizkessel Schacht: 3  Heizwerk



Heizkraftwerk Schacht 4


Über diese Bandbücke ist früher das Heizwerk Schacht 4 mit Kohle beschickt worden.
Das Heizwerk wurde auf Ölfeuerung umgestellt.

 

Insiderbericht aus dem Maschinenhaus                                                                                                                  
zur Verfügung gestellt von Werner Hartmann

 Das Maschinenhaus gehört heute zum denkmalgeschützten Ensemble von Gebäuden der Schachtanlage, und wird darum der Nachwelt erhalten bleiben. Es steht  zwischen den Fördermaschinenhäusern von Schacht 1 und 2, allerdings um etwa 12 m von der Zechenstraße zurückversetzt. Ein auffallendes Charakteristikum ist der doppelseitige Treppenaufgang.


Leider ist das Innere des Maschinenhauses seit dem Umbau von Schacht 1 von Dampfförderung auf Elektroförderung maschinentechnisch vollkommen verändert worden.
Die Maschinenebene, also das Obergeschoß, in das auch der aufwändige Treppenaufgang führte, war damals die Gute Stube und der ganze Stolz der Zechenleitung. Es wurde auf Sauberkeit großen Wert gelegt, was man auch daran sah, dass dort eine Putzfrau die Maschinenebene reinigen musste. Das Glanzstück in der 60m langen Maschinenhalle war der 12,5 MW-Turbogenerator. Insgesamt standen dort 4 Turbogeneratoren verschiedener Größe. Einige konnten über ihre Druckstufen den 40 bar- Dampfdruck auf die erforderlichen 12 bar für die Fördermaschinen von Schacht 1 reduzieren. Außerhalb des Maschinenhauses standen dafür zwei große 12 bar- Dampfspeicher als Ausgleichsbehälter. Einer der kleineren Generatoren wurde von einer Abdampfturbine betrieben, die teils mit dem Fördermaschinen- Abdampf, oder nach Bedarf von reduziertem Hochdruckdampf gespeist wurde. Die Dreizylinder Fördermaschine von Schacht 2 wurde mit 40 bar- Hochdruck- Dampf versorgt. Die eigene Stromerzeugung im Maschinenhaus von max. 20 MW reichte allerdings nicht aus, den gesamten Strombedarf der Zeche zu decken. Der zusätzliche Energiebedarf wurde über die Schaltanlage südlich des Bendschenwegs eingespeist. Das Kraftwerk nördlich der Niederrheinallee mit einer Leistung von 68,5 MW ging 1958 in Betrieb, speiste aber ins öffentliche Netz. Es ging später in den Bestand der STEAG über. 4 weitere Dampf- Turbokompressoren standen für die Druckluftversorgung bereit, sie wurden je nach Bedarf der Schachtanlage angefahren. Die Überwachung der Druckluft- und Stromerzeugung oblag dem Schichtführer in der Zentrale, wie die Schaltwarte genannt wurde. Er kontrollierte dort mithilfe einer  großen Anzahl von Messgeräten den Betriebsablauf.



 
Der Schaltraum war gegenüber der Maschinenebene um einige Treppenstufen erhöht und gegen den Betriebslärm mit einer Glaswand abgetrennt. Eine wichtige Tätigkeit des Schaltwarts war zum Beispiel das Anfahren eines Generators nach einer Überholung oder Reparatur. Wenn ein Generator zugeschaltet wurde, musste der Zungenfrequenzmesser genau 50 Hz anzeigen und der Zeiger eines Analoginstruments genau oben stehen. Dann lief der Generator mit der öffentlichen Netzspannung synchron. Sollte ein Generator etwa asynchron zugeschaltet werden, käme das einem Desaster gleich, das bis zum Totalschaden führen konnte. Viele Schreibgeräte zeichneten die Druckluft- und Energieerzeugung auf. Ein weiteres wichtiges Schreibgerät gehörte zum Höchstlastwächter. Dieser kontrollierte die zusätzlich aus dem öffentlichen Netz eingespeiste Energie. Wenn ein bestimmter, mit dem RWE vereinbarter Wert erreicht wurde, leuchtete zunächst eine Warnlampe auf. Der Schaltwärter gab dann einen Impuls an die elektrische Fördermaschine von Schacht 2, mit der ihr Betrieb gesperrt wurde. Wenn das nicht reichte, wurden sogar weitere Großverbraucher, wie etwa die Fördermaschinen von Schacht 5 gesperrt, was natürlich zu heftigen Reibereien mit dem Grubenbetrieb führte. Aber an solchen Abschaltungen führte in diesen Fällen kein Weg vorbei. Die Überschreitung bestimmter Werte hatte nämlich empfindliche Konventionalstrafen zur Folge.
Die Etage unter der Zentrale hieß allgemein „die Zwischendecke“. Sie lag ebenso wie die Zentrale in dem westlichen Maschinenhausanbau. Dort standen die Regelgeräte, die die Leistungserzeugung der Generatoren regelten. Zwischen den Generatoren und dem RWE- Netz, waren große Drosselspulen geschaltet. Sie waren aus Kupferschienen mit großem Querschnitt gewickelt. Die einzelnen Windungen wurden mit einem isolierenden Gestell auf Abstand gehalten. Die Aufgabe der Drosselspulen war der Schutz vor einem Kurzschluss von der Netz- oder Generatorseite.
Auf der Zwischendecke gab es auch einen großen Lagerraum, in dem ausgebaute Elektro- und Feinmechanik-Ersatzteile gelagert wurden. Dazu gehörte auch die ehemalige Ausstattung der Tütenfabrik, wie etwa Verpackungsmaschinen, Elektromagnete und Rollenförderbahnen.
Ein extrem verborgen liegender Arbeitsplatz des Tagesbetriebs war auch in diesem Nebengebäude untergebracht. Nur mit gründlicher Ortskenntnis fand man den Graveur in seiner kleinen Werkstatt. Das Untergeschoß dieses Anbaus bestand überwiegend aus einzelnen Trafozellen.

Im Maschinenhaus-Erdgeschoß standen die Kondensatoren, in denen der Turbinen-Abdampf wieder verflüssigt wurde. Man kann sich einen Kondensator wie den Kessel einer Dampflok vorstellen, nur dass die Funktion genau entgegengesetzt war.

 

Sie arbeiteten umso effektiver, je besser sie evakuiert wurden. Dafür sorgten Wasserstrahlvakuumpumpen, mit denen die Restluft abgesaugt wurde.
Wenn ein Turbokompressor, oder Turbogenerator angefahren wurde, hieß dass für alle Mitarbeiter höchste Aktivität. Ventile der Kühlwasserzu- und Abläufe wurden synchron zum Anlauf der Kühlwasserpumpen geöffnet. Wasserstrahl- Vakuumpumpen, Dosierpumpen, Schmierpumpen, usw. wurden angefahren. Dass Öffnen der Dampfzufuhr aus dem Kesselhaus zur Turbine geschah manuell. Dazu setzten zwei Mitarbeiter jeweils Verlängerungshebel auf das große Handrad des Hauptschiebers und gingen bis zur völligen Öffnung des Schiebers um die Spindel herum.
Das Stillsetzen einer Turbine lief in umgekehrter Reihenfolge. Zusätzlich musste aber die Turbinenwelle alle 10 Minuten mit dem Hebel einer Drehvorrichtung bis zur Abkühlung um einen bestimmten Winkelbetrag gedreht werden, um zu vermeiden, dass sich die heiße Welle durch die Schwerkraft einseitig verbog.

Mindestens 2 Mitarbeiter sorgten je Schicht als Wartungsschlosser für den reibungslosen Betriebsablauf. Dafür gab es in der Südwestecke eine kleine Werkstatt. Unmittelbar neben der Werkstatt war der Batterieraum. Auf der etwa 30 Quadratmeter großen Grundfläche standen in langen Reihen Bleibatterien, die so zusammengeschaltet waren, dass an der Sammelschiene 220 V Gleichspannung für die Notstromversorgung anstanden.
Die stabile, stets verschlossene Metalltür zum Batterieraum trug ein Warnschild, welches ausdrücklich vor Knallgas warnte. Die Warnung war durchaus gerechtfertigt, denn die Batterien wurden über einen eigenen Motorgenerator nachgeladen und man konnte ein ständiges Blubbern hören. Zu den Aufgaben der Schlosser gehörte auch die Einzeldrahtprüfung der Förderseile. Dafür gab es in einem kleinen Nebenraum eine Zerreißmaschine. Wenn ein neues Förderseil aufgelegt wurde, musste ein Probestück von den Lehrlingen des 1. Lehrjahrs für die Zerreißprobe vorbereitet werden. Für die Lehrlinge keine angenehme Aufgabe, denn die gebogenen, zu Hunderten aus dem Seilverband entnommenen Einzeldrähte sollten mit Holzhämmern wieder gerade geklopft werden. 1955 war mein erster Kontakt mit dem Maschinenhaus als kleiner Junge bei einer Besichtigung zusammen mit meinem Vater, der mir „seine“ Zeche zeigen wollte. Ehrlich gesagt, war mir der ungewohnte enorme Maschinenlärm unheimlich.
Aber wir Menschen sind anpassungsfähig, und 17 Jahre später kam mir das fehlende Geräusch eines Turbogenerators, der wegen Revision stillstand, ungewohnt vor.


Natürlich lief in den vielen Jahren nicht immer alles reibungslos.
Im Winter 1971 gab es eine Störung im Schacht 1. In einer Frostnacht war die Frischwasserschachtleitung eingefroren. Schacht 1 war ein einziehender Schacht, und die nächtliche Frostluft hatte die Frischwasserleitung vereisen lassen. Die Ursache lag in einer Unaufmerksamkeit des Maschinisten im Maschinenhaus, der das Überwachungsinstrument falsch abgelesen hatte, und die Schachtheizung nicht aktiviert hatte. Das war ausgerechnet dem Mann passiert, der für seine Gewissenhaftigkeit bekannt war. Eine eingefrorene Wasserleitung ist zwar blockiert, und taut natürlich mit steigender Temperatur wieder auf. Aber die viel größere Gefahr lag darin, dass die Leitung durch das sich ausdehnende Eis aufplatzte.
Man kann sich vorstellen, was es heißt, wenn eine Schachtleitung, die einen bedeutenden Teil des Grubenfeldes versorgt, wegen einer aufwändigen Reparatur ausfällt. Aber die Leitung blieb nach dem Auftauen dicht. Das Maschinenhaus war einem zentralen Körperorgan vergleichbar, das im Mittelpunkt vieler anderer Nebenbetriebe stand.
Ohne Zweifel gehörte das Kesselhaus als Dampflieferant zu den Wichtigsten.
Die 4 Kühltürme sorgten für die Kühlung des Abdampfes und das westlich neben dem Maschinenhaus stehende Gebäude beherbergte die Schaltanlage für die Stromverteilung auf die einzelnen Betriebsteile. Das Kesselhaus seinerseits war auch wiederum mit einer Reihe von Nebenbetrieben umgeben. Die Permutitanlage bereitete das Kesselwasser auf, bevor es gegen den Kesseldruck in den Kessel eingespeist wurde.
Der Schlammtrockner sorgte für die Entfeuchtung des Brennmaterials.
Bahnbetrieb und Schlammaufzug beförderten es dann bis zu den Kesseln.
So bildete das Maschinenhaus mit seinen Nebenbetrieben einen großen Teil der Tagesanlagen.

Leider blieb das Maschinenhaus indirekt von einem dramatischen Unfall mit einem Schwerverletzten nicht verschont:
Die Betriebschlosser und die Aufsichten wurden auch für die Wartung und Instandsetzung vieler Bereiche des Tagesbetriebes herangezogen. Der Maschinensteiger bekam den Auftrag, die Überführung eines Kohlenzuges über die Niederrheinallee zur Halde zu überwachen. Durch unglückliche Umstände rutschte an diesem verregneten Wintertag der Mann so auf das Gleis, dass beide Unterschenkel von der Lokomotive abgetrennt wurden. Man kann sich vorstellen, wie gedrückt die Stimmung der Mannschaft in der Folgezeit war.

 


Unter den externen Aufträgen ist mir persönlich, eine besonders in Erinnerung geblieben. 1971 wurde die Autobahn A57 gebaut. Die Waschberge, die normalerweise zur Halde Norddeutschland gefahren wurden, mussten ihre Ladung zur Autobahntrasse in Krefeld- Gartenstadt bringen. Dort wurde ein Damm aus Waschbergen aufgeschüttet, über den die Trasse führen sollte. Zehn Jahre vorher war ein Fahrer der Firma Fösken, mit seinem LKW voller Waschbergen, zu nahe an die Böschung eines Baggerlochs gefahren, samt Ladung abgerutscht, und ertrunken.
Zur Vorsicht, hatte man sich entschieden, den Fahrern in der Nacht eine bessere Sicht auf die Trasse zu spenden. Dafür sollten von uns dort Gaslampen aufgestellt werden.
Das Fummelige an diesem Auftrag war, in der klirrenden Kälte und bei Wind einen Glühstrumpf auf den Brenner zu knoten. Mit klammen Fingern war es kaum möglich, einen Knoten in den Faden des Strumpfs zu machen. Die kleinste Erschütterung beim Ausrichten der großen Lampen reichte, um den leuchtenden Glühstrumpf zu zerbröseln. Dann musste die Prozedur wiederholt werden.
Mit der Stilllegung der letzten Dampffördermaschine im Jahr 1987 änderte sich auch für das Maschinenhaus alles. Das Ganze lief unter dem Motto „Umbau der Schachtanlage auf kalte Zeche“. Die östliche Dampffördemaschine von 1939 mit ihren 3100 PS genügte den neuen Anforderungen des völlig umgebauten Schacht 1 nicht mehr. Zwar stand der Brennstoff, der auch sonst kaum verkäuflich war, zur Dampferzeugung kostenlos zur Verfügung, aber die Anlagen- und Personalkosten sorgten ebenfalls für diese Entscheidung. Mit dem Wegfall der Dampferzeugung für die Fördermaschinen und Turbinen musste man sich auch nach einem Ersatz für die Turbokompressoren umsehen und entschied sich für die elektrisch angetriebenen Radialkompressoren von der stillgelegten Zeche Katharina in Essen.


Dort, wo ursprünglich die riesigen dampfgetriebenen Maschinen standen, klaffte jetzt eine große Öffnung. Die Radialkompressoren wirkten in dem großen Raum relativ verloren. Der einstige Glanz des Maschinenhauses war damit verblasst. Ein großes Ärgernis, für Leute die am Erhalt der verbliebenen Gebäude interessiert sind, ist der ständige Vandalismus und Kupferdiebstahl an den noch vorhandenen Maschinen.
Es ist zu hoffen, dass in Zukunft die Bedeutung, die die Schachtanlage für die Stadt Neukirchen-Vluyn hatte, besser gewürdigt wird. 

Insider: Friedhelm Arnoldüssen, Dieter Fischer, Hans Fösken, Werner Hartmann, Hans Höps, Wolfgang Kauth, Heinrich Mölders, Herbert Edelhoff, Helmut Schary

 

 
   
 
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